Referenten
Klaus Theweleit, Freiburg
Otto Karl Werckmeister, Berlin
Wolfgang Flatz, München
Richard Schindler, Freiburg
Ulricke Sprenger (München)
Wolfgang Bock, (Weimar)
angefragt WS 2003:
Hans Belting, Karlsruhe
Elisabeth Brofen, Zürich
Thomas Macho, Berlin
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Richard Schindler, Aus dem Archiv:
abhanden.gekommen (zu Füßen gelegt) 1995 ff
Gegenbilder zur Zerstörung.
BZ-INTERVIEW mit Eva Manske und Richard Schindler über die Vortragsreihe "Bild.Terror" |
Der Kameraschwenk nach Afghanistan signalisierte das
Ende des Schocks - ohne tatsächlich dessen Ende zu
sein. In Feuilletons und Magazinen, Fernseh- und
Radiosendungen ging es seit Beginn der militärischen
Reaktion um „andere Themen“: um Krieg und religiöse
Hintergründe, um wirtschaftliche Folgen, Biowaffen
und das Rätsel terroristischer Schläfer. Der
Terroranschlag vom 11. September hat Fortsetzungen
gezeitigt, die den Akt selbst in den Hintergrund der
Aufmerksamkeit gerückt haben. Undenkbar, dass ein
Ereignis, von dem übereinstimmend gesagt wurde, es
werde die Welt verändern, in so kurzer Zeit
hinreichend bedacht ist. Die Eile, mit der die
Katastrophe als primär politisch und religiös
motivierte Tat klassifiziert und entsprechend
beantwortet wurde, ist selbst ein Hinweis auf das
Unerträgliche des Unverstandenen: Die Reaktion, so
besonnen wie auch immer angekündigt, war eine Flucht
- nach vorn. Die Bilder, die wir seit dem
militärischen Angriff auf Afghanistan zu sehen
bekamen, blieben hinter jenen zurück, deren Wucht,
aller Katastrophenfilme zum Trotz, unvorbereitet
traf.
Die Vortragsreihe soll der Sprache Raum geben,
die die Schreckensbilder erpresst haben. Freilich
ohne an deren Stelle zu treten: Vorträge und
Gespräch wollen die Bilder vom 11. September
vergegenwärtigen, Deutungen anbieten und vertiefen
helfen. Fokus ist das Thema Bild im weitesten Sinn.
Thematisch werden soll die Wirkmacht der Bilder, das
Verhältnis von Bild, Gewalt und Tod.
Kunst, Musik oder Literatur: werden sie nach dem
11. September anders sein müssen? Oder liegt ihre
Relevanz nicht gerade in der immer schon
thematischen Kontingenz des Humanen? Haben wir das
bisher nicht ausreichend zu Kenntnis genommen? Sind
die Terrorbilder Anlass auch Kunst anders
wahrzunehmen? Ist der spontane Kommentar von
Karlheinz Stockhausen ein Hinweis darauf? Ist die
Betroffenheit des Bundeskanzlers beim Anblick der
„Wüste des Realen“ ein Hinweis auf die Irrelevanz
der Kunst - oder auf die Kunstfremdheit der Politik?
Haben wir nicht gelernt alles und jedes als Kunst
wahrzunehmen – verbietet sich gerade dies angesichts
der Bilder aus NY? Woher beziehen die Bilder ihre
Kraft zu faszinieren? Kann man, muss man dem Bann
der Bilder widerstehen?
Menschen in aller Welt haben die Bedeutung der
Gewalt der Zerstörung und ihre gleichzeitige
Bildwerdung intuitiv verstanden, - dennoch bedarf es
der weiteren Anstrengung auch des Denkens. Das
Unfassliche, das zu realisieren dem Willen einzelner
Menschen gelang, ist unfassbar geblieben - wird es
das bleiben müssen? Wie eilfertig verfasst auch
immer die Deutungen der ersten Stunden und Tage
gewesen sein mögen, waren sie nicht doch notwendige,
höchst riskante Versuche den atemraubenden Bildern
Worte nach zu tragen? Worte, die vielleicht nur in
ihrer Gesamtheit eine adäquate Annäherung sind? Das
Bemühen darum möchte die Veranstaltung fortsetzen.
Richard Schindler
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